| Naturschutzgebiete (NSG) sind gemäß § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen
- zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten
- aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder
- wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.
Im Stadtgebiet sind die nachfolgend aufgeführten neun Naturschutzgebiete mit einer Gesamtfläche von zirka 1070 ha ausgewiesen.
Die Bischofswiese
hat eine Größe von fast 54 Hektar und befindet sich in der Dölauer Heide. Das durch Erosionsvorgänge gebildete Hochplateau einer saalekaltzeitlichen, mit Sandlöß überlagerten Grundmoräne gehört zu den wenigen erhaltenen Gebieten eines naturnahen über 200-jährigen Eichenmischwaldes. Im Zentralteil der Bischofswiese befindet sich ein Porphyrblock und am Rande des Hochplateaus kann man Grabhügel aus der Jungsteinzeit entdecken.
Besondere Pflanzen und Tiere: Weißes Fingerkraut, Diptam, Türkenbund-Lilie, Färber-Scharte, Kassuben-Wicke, Schwalbenwurz, Raue- und Windelschnecke, Wulstige Zylinderwindelschnecke, Gestreifte Windelschnecke, Bockkäfer, Waldohreule, Waldkauz, Grün-, Mittel-, Klein- und Schwarzspecht, Wendehals, Pirol, Waldlaubsänger
Die Brandberge
haben eine Größe von zirka 90 Hektar und liegen eingebettet im Landschaftsschutzgebiet „Saaletal“. Sie befinden sich zwischen Kröllwitz und Heide Nord/Lettin.
Das NSG Brandberge stellt ein wichtiges Element im Biotopverbund dar. Die Porphyrkuppen sind mit Felsfluren, Halbtrockenrasen und Zwergstrauchheiden besiedelt. Der Nordhang besteht aus Kiefern, Birken, Stein-Weichsel, Eingriffligem Weißdorn und Robinien. Der flache Zentralbereich der Porphyrkuppen ist durch Staunässe gekennzeichnet. Zwischen Hechtgraben und Saale dagegen ist durch Kiesablagerungen trockener Untergrund vorherrschend. Am Brandberggraben befinden sich ein Schwarzerlenbruch und ein anmooriger Standort mit Torfmoosbewuchs. Das Gebiet zeichnet sich durch eine außerordentliche vielfältige Fauna mit zahlreichen gefährdeten und geschützten Arten aus.
Besondere Tiere: Kreuzkröte, Wasserspinne, Kleine Pechlibelle, Kleine Binsenjungfer, Langflügelige Dornschnecke, Schwarzkehlchen und Raubwürger
In den 30er Jahren wurde das Gebiet als Wintersportparadies genutzt. Die spätere militärische Nutzung als Truppenübungsplatz hatte nicht nur negative Auswirkungen auf Flora und Fauna. Sie führte dazu, dass die Brandberge von der Öffentlichkeit abgeschottet waren. Die Natur konnte sich somit ungestört entwickeln. Nach Abzug des sowjetischen Militärs im Jahre 1990/91 war das Gebiet zur Müllhalde verkommen. Heute werden die Landschaftsbereiche noch durch Beweidung genutzt.
Der Forstwerder
ist eine im nördlichen Teil der Stadt Halle (Saale) gelegene Insel im Überschwemmungsgebiet der Saale, welche von der Stromsaale und dem Schleusengraben umschlossen wird. Auch die kleine Insel westlich des Forstwerders steht unter Schutz. Dieses fast 15 ha große NSG weist im südlichen Teil einen schützenswerten Hartholzauenwaldbestand auf. Im nördlichen Teil findet man eine aufgelassene Auenwiese mit Gebüschbeständen. Der Forstwerder stellt ein wichtiges Bindeglied im Biotopverbund der Saaleaue dar. Als floristische Besonderheit wachsen und blühen auf der Insel Wilde Tulpen. Im Uferbereich der Stromsaale überwintert eine Reihe von nordischen Wasservögeln, die in ihrer Heimat zum Teil in ihren Beständen bedroht sind. Als besondere Insekten sind zwei Arten der Schwebfliege nennenswert: Cheilosia cynocephala und Epistrophe melanostomoides. Diese Schwebfliegenarten sind in Deutschland sehr selten.
Besondere Tiere: Gänsesäger, Zwergtaucher, Kormoran, Rotmilan, Mäusebussard, Schwarzspecht, Gebirgsstelze, Ringelnatter, Feldspitzmaus, Abendsegler
Die Lunzberge
Das NSG erstreckt sich vom Ortsteil Lettin bis zur Saalefähre Brachwitz bzw. Neuragoczy und umfasst eine Fläche von mehr als 61 Hektar.
Es gibt nur kleine Wald- und Gehölzflächen. Auf den Porphyrerhebungen und übergreifenden Hängen von Lößschwarzerde findet man Fels- und Pionierflure, Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Zwergstrauchheiden.
Besondere Pflanzen und Tiere: Brillenschrötchen, Färber Scharte, Berg-Haarstrang, Knäul-Glockenblume, Kleines Knabenkraut, Gemeine Kuhschelle, Braunkehlchen, Grauammer, Rebhuhn, Feld-Grashüpfer
Die Nordspitze Peißnitz
liegt zentral im Stadtgebiet und hat eine Fläche von etwas mehr als 12 Hektar. Hier befinden sich Restbestände eines ehemaligen umfangreichen Auewaldes der Saale. Dieser Hartholzauenwald mit starkstämmigem Totholz beinhaltet zirka 300 Jahre alte Eichen. Esche, Stiel-Eiche, Spitz-Ahorn, Berg-Ahorn, Hainbuche und Winter- sowie Sommerlinde haben sich auf der Nordspitze Peißnitz angesiedelt. Früher war auch ein großer Ulmenbestand vorhanden, welcher durch das große Ulmensterben in den 80er Jahren stark reduziert wurde. Im Uferbereich der Wilden Saale wachsen Weidengebüsche mit Bruch- und Silberweide sowie Silberpappel.
Die Amphibienfauna ist sehr artenreich. Für die Erdkröte stellt das Naturschutzgebiet einen wichtigen Sommerlebensraum dar, da sich in der Nähe auch die Kreuzer Teiche als Laichgewässer befinden.
Pfingstanger bei Wörmlitz
Das Naturschutzgebiet umfasst innerhalb der Stadt eine Fläche von fast 103 Hektar. Es befindet sich im Süden der Stadt Halle (Saale) in einer Saaleschleife. Flora und Fauna werden stark durch die Saale beeinflusst, da der Pfingstanger bei Wörmlitz zum Überschwemmungsgebiet der Saale zählt. Der überwiegende Teil des Naturschutzgebietes gehört zum östlichen Randbereich der Saaleaue. Hier findet man auch den typischen Auenboden, welcher durch Braune Vega gebildet wird. Im Südosten kommt es zum Anstieg des Reliefs, wo Buntsandstein und deren Verwitterungsformen zutage treten. Das Gebiet bricht dann auch im Südosten mit einem Steilhang zur Saale hin ab.
Verschiedene Biotoptypen, wie Hartholz- und Weichholzauenbereiche, Feuchtwiesen, Röhrichte und Trocken- und Halbtrockenrasenbereiche bilden den Charakter des Naturschutzgebietes. Dieses Biotopverbundnetz weist eine Vielzahl von geschützten Pflanzen und Tieren auf.
So findet man dort folgende Flora und Fauna: Gelbe Wiesenraute, Blauweiderich-Spießblatt-Helmkraut-Gesellschaft, Schwarzährige Segge, Sumpf-Wolfsmilch, Weiden, Rosen, Weißdorn, Schwarzer Holunder, Schwarz- und Rotmilan, Neuntöter, Raubwürger, Schlagschwirl, Sperbergrasmücke, Wespenbussard, Erd-, Kreuz- und Wechselkröte, verschiedene Schmetterlinge und Schnecken.
Als Besonderheit ist noch zu erwähnen, dass sich auf den Buntsandsteinhügeln kleine Pflaumengebüsche befinden. Sie sind Reste einer ehemaligen Streuobstwiese.
Rabeninsel und Saaleaue bei Böllberg
liegt im Süden der Stadt Halle (Saale) und umfasst 94,45 Hektar. Das Naturschutzgebiet wird begrenzt von dem Saale-Elster-Kanal, der Stromsaale und dem Wehr an den Pulverweiden.
Die eigentliche Rabeninsel ist das Kernstück des geschützten Gebietes. Die Waldbereiche sind die wertvollsten Auenwälder der Saalestadt. In diesem Hartholzauenwald findet man zirka 260 Jahre alte Stiel-Eichen. Im nördlichen Bereich lösen sich die Auenwälderbestände teilweise auf. Hier ist eine zusammenhängende Baumschicht nicht mehr vorhanden. Sträucher und Brennnesseln haben sich ausgebreitet. Restbestände von Pappeln, Erlen und Winterlinden durchbrechen vereinzelt die Strauchschicht.
Besondere Pflanzen und Tiere: Waldohreule, Waldkauz, Rot-und Schwarzmilan, Rohrweihe, Kiebitz, Flussregenpfeifer, Eisvogel, Klein-, Grün- und Schwarzspecht, Habicht, Wespenbussard, Baumfalke, Wachtelkönig, Fledermäuse und Spitzmäuse
Der Auenwald dient als Winterschlafplatz für 20.000 bis 40.000 Saatkrähen und Dohlen.
Saale-Elster-Aue bei Halle
hat inklusive der angrenzenden Schutzzone eine Größe von 315,91 Hektar und befindet sich im Süden der Stadt Halle (Saale).
Die Aue unterliegt noch weitgehend der natürlichen Wasserstandsdynamik mit regelmäßigen Frühjahres- und seltenen Herbst-/Winterhochwässern. Das Gebiet wird stark durch den Rückstau der Weißen Elster bei gleichzeitigem Saalehochwasser beeinflusst.
In der Saale-Elster-Aue befindet sich auch das Trinkwasserschutzgebiet der Stadt Halle (Saale). Die Landschaft erstreckt sich über Weichholz- und Hartholzauengebiete, Fuchsschwanzwiesen, Rohrglanzgraswiesen bis zu ausgedehnten, teils unzugänglichen Feuchtgebieten. Wichtige Komponenten der Auenlandschaft stellen Feldulmen-, Weißdorn-, Schlehen- und Holundergebüsche dar.
In der Weißen Elster kommen viele Fischarten vor, beispielsweise Döbel und Gründling.
Besondere Tiere: Zwergtaucher, Große Rohrdommel, Löffel- und Reiherente, Wasserralle, Rebhuhn, Raubwürger, Weißstorch, Schwarzstorch, Blattfußkrebs
Abtei und Saaleaue bei Planena
hat eine Gesamtgröße von zirka 381 Hektar und liegt beiderseits der Saale zwischen der Einmündung der Weißen Elster in die Saale und den Bauernweiden südlich von Planena (in Halle ungefähr 324 Hektar und 57 Hektar im Saalekreis). Das Schutzgebiet besteht aus drei Teilflächen. Zu der westlichen Teilfläche gehören u. a. die Abtei, die fast vollständig von einer Saaleschlinge umschlossen ist, der Nordteil des Werders Hohenweiden sowie die Flächen zwischen dem Altwasser an der Ochsenwiese. Die südliche Teilfläche umfasst die Bauernweiden südlich Planena. Das ehemalige Beesener Holz an der Weißen Elster und am Wasserwerk sowie das Pfarrholz bilden den östlichen Teil des Schutzgebietes.
Die Saaleaue bei Planena ist ein Bestandteil des FFH-Gebietes Saale-, Elster-, Luppe-Aue zwischen Merseburg und Halle sowie des besonderen Schutzgebietes nach Vogelschutz-Richtlinie „Saale-Elster-Aue südlich Halle“ im Schutzgebietsystem NATURA 2000 sowie des Landschaftsschutzgebietes Saaletal. Das Schutzgebiet zeichnet sich durch Fließgewässer, feuchte Hochstaudenflure, magere und artenreiche Flachland-Mähwiesen, Erlen- und Eschenwälder, Weichholzauen an Fließgewässern und Hartholzauenwäldern aus.
Besondere Pflanzen und Tiere: Rot- und Schwarzmilan, Wespenbussard, Eisvogel, Sperbergrasmücke, Neuntöter, Feldspitzmaus, Fledermäuse, Moorfrosch, Wechselkröte, Feld-Grashüpfer, Gebänderte Heidelibelle, Braune Mosaikjungfer, Kantiges Lauch, Filz-Segge, Herbst-Zeitlose, Färberscharte
Die Karten im Umweltatlas dienen der Lageübersicht. Die flurstücksgenaue Abgrenzung der Schutzgebiete ist aus den Originalkarten zu entnehmen. Diese können während der Sprechzeiten im Fachbereich Umwelt, Untere Naturschutzbehörde, Hansering 15, 06108 Halle (Saale) eingesehen werden.
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